Geistliches Wort zum 18. Sonntag nach Trinitatis Liebe verwandelt


Liebe verwandelt. Sie verändert Einstellungen, Perspektiven und schließlich mich selbst. Das ist alles andere als eine Selbstverständ­lichkeit. Aber das erfahren zu dürfen ist ein Geschenk und lässt einen im Nachhinein auch manchmal schmun­zeln:  Das Hobby, mit dem ich gar nichts anfangen kann, auf das ich mich aber um meiner Frau willen einlasse – und plötzlich sehe ich ihre Begeisterung und der Funke springt auf mich über. Der neue Kollege mit den vielen Ticks, den ich erst einmal unsympathisch finde. Schließlich freunden wir uns an und die nervigen Ticks werden zu liebenswerten Macken. Und gerade Kindern gegenüber bin ich oft erstaunt, wie häufig ein lieber Blick oder eine liebe Geste mehr bewirken als jeder erhobene Zeigefinger.

In der Kirche reden wir viel von Liebe und viel zu oft höre ich dabei den erhobenen Zeigefinger mit. „Du sollst Gott mit ganzem Herzen lieben!“ „Liebe Deinen Nächsten!“ Das klingt mir oft ein bisschen nach „Du, du, du.“ Und so ließe sich auch der neue Wochenspruch hören: „Das ist doch das Gebot, das er uns gegeben hat: Wer Gott liebt, muss auch seinen Bruder und seine Schwester lieben“ (1. Johannesbrief, Kapitel 4, Vers 21).

Genau so will der neue Wochenspruch aber nicht verstanden werden. Ihm geht es nicht darum, mit dem Zeigefinger zu drohen und uns an ein Ideal zu erinnern, das wir besser erreichen sollten, sonst…. Vielleicht geht es ihm ein bisschen darum, uns aufhorchen zu lassen und unsere Lebensweise zu hinterfragen. Vor allem aber geht es ihm um diesen Gedanken: Liebe verwandelt.

Das wird ganz deutlich, wenn wir einmal den ersten Johannesbrief aufschlagen und drumherum lesen, was sonst noch dort steht. Da ist erst einmal die Spitzenaussage: „Gott ist Liebe. Und wer in der Liebe lebt, lebt in Gottes Gegenwart und Gott ist in ihm gegenwärtig“ (Vers 16). Dann geht es weiter: „Die Liebe kennt keine Furcht. Denn Furcht rechnet mit Strafe. Bei dem, der sich fürchtet, ist die Liebe noch nicht an ihr Ziel gelangt“ (Vers 18). Und schließlich: „Wir können ja nur lieben, weil Gott uns zuerst geliebt hat“ (19).

Liebe ist eine Bewegung von Gott zu uns. Sie hat einen Ursprung, sie hat ein Ziel und vor allem ist sie eine Frage von Gottes Gegenwart. Ich kann mit ganz viel Kraft versuchen, meinen Bruder und meine Schwester zu lieben, „weil ich das soll“ und die ganze Zeit Sorge haben, was passiert, wenn es mir nicht gelingt. Ich kann aber auch einfach Gottes Gegenwart suchen, seine Liebe spüren und beobachten, wie sie mich verwandelt. Wie Gottes Nähe mir die Furcht nimmt, nicht gut genug zu sein. Wie es mich verändert, seine Liebe zu erfahren, so dass ich plötzlich selbst genug Liebe habe, um sie anderen zu geben.

Wenn Johannes sagt: „Wer Gott liebt, muss auch seinen Bruder und seine Schwester lieben.“ Dann meint er damit nicht: „Deine Aufgabe ist es, nett zu anderen zu sein, sonst bist du kein guter Christ.“ Er meint vielmehr: „Wer Zeit mit Gott verbringt, den wird diese Zeit verwandeln und sein Herz wird mit Liebe überfließen.“

Das ist ein großer Gedanke und auch der kann uns einschüchtern. Denn zumindest mein Leben fließt keineswegs immer vor Liebe über. Das verändere ich aber nicht durch ein schlechtes Gewissen und nicht einmal dadurch, dass ich mich mehr anstrenge. Das verändert allein Gemeinschaft mit Gott.
Wo ich die finde, ist eine andere Frage. Aber unsere Gottesdienste, das Gebet – allein oder montagabends in Gemeinschaft – ein regelmäßiger Blick in die Bibel und ein fester Blick auf Christus sind ein guter Anfang.

Gottes verwandelnde Nähe und Liebe wünscht Ihnen

Ihr Vikar Konrad Otto