Und schon haben wir den 3. Advent. Wer im Dezember in den Gottesdienst kommt, weiß, dass uns die Sprüche und Voraussagen der Propheten auf dem Weg nach Weihnachten begleiten. So auch heute: „Bereitet dem HERRN den Weg; denn siehe, der HERR kommt gewaltig“, ruft uns der Prophet Jesaja zu (Jes 40,3.10).
„Bereitet dem HERRN den Weg!“, ist eine Aufforderung, die wir Christen immer wieder versucht haben umzusetzen, und zwar mit unterschiedlich großem Erfolg und mit unterschiedlichen Strategien.
Da gibt es einmal die Option Bulldozer bzw. Planierraupe: Erstmal machen wir alles platt. Und wenn der Herr dann immer noch nicht da ist, bauen wir den Weg eben zur Autobahn aus. Wir fangen einfach schonmal damit an, Gottes Reich aufzubauen: in der Gesellschaft, in der Politik, auf der ganzen Welt. Schließlich ist das, was wir tun ja Gottes Wille. Wir bereiten ihm den Weg!
So gut es die Bulldozerfahrer in der Regel meinen, so sehr verwechseln sie leider oft, dass „der HERR kommt gewaltig“ nicht das Gleiche bedeutet wie „wir kommen gewaltig“. Wie viele große Hoffnungen sind schon zerbrochen, weil wir unsere eigenen Heilsversprechen nicht haben einlösen können? Wie schnell endet der Traum von einer besseren Welt in Rigorismus und geistiger Enge? Ganz zu schweigen von den Kriegen, die in Gottes Namen geführt wurden und werden.
Zweiter Versuch: Wir rollen den roten Teppich aus. Wir machen uns schick für Gott. Sonntagsstaat und Sonntagsbenehmen. Zu Weihnachten kommt der Frack aus dem Schrank und das Silber auf den Tisch. Festlich soll es sein. Und liebhaben müssen wir uns. Das will Jesus so. Wenigstens an diesem Feiertag.
Nur hat der rote Teppich leider seinen Platz im Showgeschäft. Alltagstauglich ist er nicht. Je diensteifriger wir ihn ausrollen, desto mehr müssen wir uns fragen, was alles unter diesem Teppich verschwindet – und ob es den gesamten Weihnachtsabend lang dort verborgen bleibt und nicht doch irgendwann an die Oberfläche will. Nein, „der HERR kommt“ nicht einfach, nickt freundlich und geht wieder. „Der HERR kommt gewaltig“ und wenn wir ihm den Weg bereiten wollen, ist es mit Schönheit und Show allein nicht getan.
Die Bibel zeigt uns noch eine dritte Möglichkeit, dem Herrn den Weg zu bereiten. Genauer genommen tut das Johannes der Täufer. Denn unmittelbar bevor Jesus anfing öffentlich zu lehren, legte Johannes unseren Bibelvers so aus, dass er die Menschen aufforderte, in ihren Herzen aufzuräumen: „Tut Buße, denn das Himmelreich ist nahe herbeigekommen!“ (Mt 3,2)
„Buße“ ist eines dieser Kirchenwörter, die immer weniger benutzt werden. Aber es ist ein Wort, das zur Adventszeit dazugehört. Nicht, weil wir vier Wochen lang in Sack und Asche gehen sollen. „Buße“ meint vielmehr einen ehrlichen Blick ins eigene Herz zu werfen und dort auszumisten. Rauswerfen, was dort nicht hingehört. Ausbessern, was angeknackst ist. Die alten Andenken in die Hand nehmen, abstauben und endlich den Mut aufbringen auch einmal um Entschuldigung zu bitten. Neue Bilder in die Rahmen tun und das eigene Herz neu ausrichten.
„Bereitet dem HERRN den Weg; denn siehe, der HERR kommt gewaltig.“
Bevor Besuch kommt, putzen wir doch auch. Und so ein Weihnachtsputz im eigenen Herzen, der kann gewaltig aufrütteln. Aber in so einem aufgeräumten Haus lebt es sich gleich ganz anders.
Nach außen hin mag das eine stille Art sein, dem Herrn den Weg zu bereiten. Aber vielleicht passt sie gerade darum gut zum außergewöhnlichen Weihnachtsfest in diesem Jahr, das wohl in vielerlei Hinsicht stiller und auch nachdenklicher werden wird als sonst.
Ein gutes Händchen beim Entrümpeln Ihres Herzens wünscht Ihnen
Ihr Vikar Konrad Otto