Marconi presste die Kopfhörer auf die Ohren. Der italienische Radioingenieur konzentrierte sich. Da – es knackte im Hörer. Das Signal des Knallfunkensenders von der 170 Kilometer entfernten Insel Flat Holm im Bristolkanal war vernehmbar. Die drahtlose Nachrichtenübertragung per Funk war geboren. Vom Schiff zum Land und umgekehrt wurden Gespräche möglich: das Ende der Einsamkeit auf See war erreicht. Das war im Jahre 1897.
Zum Sonntag Rogate, dem Sonntag des Bittens und des Betens, stelle ich mir vor, wie es ist, eine Verbindung aufzubauen zu Gott. Solch eine Verbindung, mit der sich Nachrichten aller Art übertragen lassen, hat Ähnlichkeiten mit dem Funksignal. Was braucht der Mensch für ein Gebet, einen Funkspruch an Gott, oder für den Empfang einer Reaktion von ihm?
Wie der Funker, braucht der Betende ein Gegenüber. Auch das Gebet braucht Sender und Empfänger. Aber der Betende braucht keine Apparate; er kann die Verbindung zu Gott aufbauen und umgekehrt auf Gottes Wort hören, wo immer er sich befindet. Es hilft, zu wissen, dass der Adressat des Gebets auch zuhört.
Gott reagiert auch. Wer aber mit Gott im Gespräch sein will und immer auf eine verbale Antwort wartet, wird ziemlich sicher enttäuscht werden. Wer aber betet und damit rechnet, dass Gott handelt, nur selten.
Dennoch bleibt Beten ein Gespräch mit Gott. Nicht jeder kann das ohne weiteres. Es hilft, sich für ein Gebet etwa in einen stillen Kirchenraum zu setzen. Ganz allmählich wird Gott, der einen dort sieht, die wirbelnden Gedanken zur Ruhe bringen. Gott nimmt den, der beten will, in den Arm. Er lässt ihm Zeit, sich zu öffnen und das Gespräch zu beginnen.
Das Gebet ist das Ende der Einsamkeit des Menschen. Es ist weder eine Strafaufgabe zum Ausgleich für Verfehlungen noch ein Zahlungsmittel für Sündenerlasse. Vielmehr ist es ein Angebot, getröstet und gestärkt zu werden. Und es spendet der Seele den Frieden, den wir alle so dringend brauchen.
Gott bewahre und erhalte uns die Fähigkeit zum Gebet, er schenke uns dafür ein ruhiges aufrichtiges Herz.
Prädikant Michael Marxen